Berchtesgadener Vogel
„Der Vogerlwoaz“, ein alter Winterweizen
Im Jahr 2018 konnte der Berchtesgadener Vogel, eine alte Winterweizensorte, mit nur drei Kilogramm durch den Anbau im Biosphären-Getreidegarten in das namengebende Berchtesgadener Land zurückgeholt werden. Nach zwei Jahren Wiedervermehrung wurde er auf zwei Bio-Betrieben ausgesät und wird seit 2022 in dem Biosphären-Produkt „Bio Alpen Korn“ verarbeitet. Der Berchtesgadener Vogel ist eine Landsorte, die rund 1,50 Meter hoch wächst und Ackerwildkräutern hervorragende Lebensbedingungen bietet. Im Jahr 2022 wurde der Berchtesgadener Vogel von der Biosphären-Verwaltungsstelle zudem als Erhaltungssorte zugelassen.
Der Vogerlwoaz ist zurück
Ökologisch wertvoll und identitätsstiftend
Schon fast ausgestorben, konnte der Berchtesgadener Vogel, eine alte Winterweizensorte, seinen Weg ins Berchtesgadener Land zurückfinden. Über viele Jahre hinweg in einer Gendatenbank gelagert, wurde er von Dr. Klaus Fleißner im Rahmen des Projekts „Erhaltung bayerischer, landwirtschaftlicher pflanzengenetischer Ressourcen“ an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft mit nur wenigen Gramm Saatgut im Sichtungsanbau angepflanzt. Vielversprechend im Wuchs und der Ernte, übergab Dr. Klaus Fleißner der Biosphären-Verwaltungsstelle im Herbst 2018 drei Kilogramm Saatgut des Berchtesgadener Vogels für die Aussaat im Biosphären-Getreidegarten. Auch dort war die Bio-Landwirtin, die den Getreidegarten mit betreute, angetan vom Wuchs und den Körnern des Berchtesgadener Vogels. Wie bei den anderen alten Landsorten auch, ist der Ertrag des Berchtesgadener Vogels um ein Vielfaches geringer als bei hochgezüchteten Sorten, wie sie heute meist angebaut werden. Aus Gesprächen ist bekannt, dass der Berchtesgadener Vogel, liebevoll auch „Vogerlwoaz“ genannt, bis Mitte der 1950er Jahre auch auf dem Högl im Berchtesgadener Land angebaut wurde.
Aufgrund seiner Eigenschaften und nicht zuletzt wegen seines Namens war klar, dass der Berchtesgadener Vogel wieder einen Platz in der Biosphärenregion Berchtesgadener Land finden sollte. Nach einer zweijährigen Zwischenvermehrung im Getreidegarten, war im Herbst 2020 genug Saatgut vorhanden, so dass der Landweizen auf zwei Bio-Betrieben auf einer Fläche von je einem halben Hektar ausgesät werden konnte. Bio-Landwirtin Veronika Niederstrasser aus Steinbrünning und Peter Forster, landwirtschaftlicher Betriebsleiter an der JVA Laufen-Lebenau, bewahren durch den Anbau des Berchtesgadener Vogels einen großen ökologischen, genetischen und kulturellen Schatz. Auch wenn es Rückschläge aufgrund der feuchten Witterung im Sommer 2021 und Probleme mit Steinbrandbefall gab, konnte im Herbst 2022 durch eine Kooperation der Enzianbrennerei Grassl mit der Privatbrauerei M.C. Wieninger der „Bio Alpen Korn“, ein zertifiziertes Biosphären-Produkt, entstehen. Diese regionale Wertschöpfungskette ist gekennzeichnet von einem fairen Miteinander und fairen Preisen, die von Anbau über Verarbeitung bis zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern den Erhalt des Genpools und die weitaus geringere Erntemenge als bei hochgezüchteten Sorten berücksichtigen.
Die Biosphären-Verwaltungsstelle konnte im Jahr 2022 den Berchtesgadener Vogel zudem als Erhaltungssorte zulassen. Auch fand der Berchtesgadener Vogel im Herbst 2022 den Weg zurück in den südlichen Landkreis: Barbara und Michael Grassl waren von der Rekultivierung dieser alten Getreidesorte so begeistert, dass sie nun, wie bis um 1900 typisch, bei sich auf dem Brochenberglehen auf einem Versuchsfeld von 100 qm den Berchtesgadener Vogel angebaut haben.
Vom Getreidegarten in die regionale Wertschöpfung
Der Berchtesgadener Vogel und seine Schatzbewahrer aus Landwirtschaft, Verarbeitung und Handel sind ein schönes Beispiel, wie eine alte Getreidesorte durch regionale Verarbeitung inwertgesetzt und erhalten werden kann.
Ihre Ansprechperson
Karin Heinrich
Nachhaltige Regionalentwicklung, Landwirtschaft und Öffentlichkeitsarbeit